PROBENAUFTAKT - "Der Mensch ist das Maß aller Dinge"
Im Probenauftakt für unser Sommertheater Irrlichter. Ein Sommernachtstrauma stellen wir uns dem Verhältnis von Mensch und Natur und erforschen das Zeitalter des Anthropozän. Wir freuen uns auf Eure Erfahrungen, Diskussionsbeiträge und offene Ohren, wenn wir gemeinsam in den Probenprozess starten!
VORTRAG 1:
Sind wir noch zu retten? Das Anthropozän am Scheideweg
Kaum hatten wir als Menschheit begriffen, dass die Erde auch nur ein Planet unter anderen ist und sich außerdem ständig wandelt, waren wir schon mitten drin in einem technisch und kulturell getriebenen Zeitalter der bedrohlichen planetaren Veränderungen, dem Anthropozän: "Große Beschleunigung", "Planetaren Belastungsgrenzen" und "Kipp-Punkte im Zustand der Erde" sind Begriffe, mit welchen die Erdsystemanalyse dieses Zeitalter beschreibt. Im Wort steckt aber auch "anthropos" - der Mensch: unsere Kultur, unsere Einstellungen, unsere Sicht auf die Welt. Sind wir noch zu retten? Welche Rolle spielen wir als vernetzte, oft kurzsichtige, sich rasant entwickelnde Menschheit auf dem Weg vom homo sapiens zum homo geosapiens? Wir sind nicht das Maß der Dinge - aber das menschliche Maß ist der Schlüssel zum Anthropozän.
Wolfgang Lucht ist Erdsystemforscher und leitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die Abteilung Erdsystemanalyse. Er ist zudem Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin und Berater der Bundesregierung im Sachverständigenrat für Umweltfragen.
VORTRAG 2:
Narrative des Anthropozän und verschiedene Zukunftsentwürfe
Das Anthropozän-Konzept hat in natur-, sozial-, geistes- und kulturwissenschaftlichen Diskussionen wie auch der Öffentlichkeit breite Resonanz gefunden. Es dient als inter- und transdisziplinäres Brückenkonzept. Das Anthropozän wird vielfach als Narrativ mit Story, Plot, Protagonisten, räumlicher und zeitlicher Struktur und handlungsorientierten Sinnstiftungen präsentiert. Der Vortrag stellt fünf Narrative des Anthropozän vor: 1. das Katastrophennarrativ, 2. das Gerichtsnarrativ, 3. das Narrativ der Großen Transformation, 4. das (bio)technologische Narrativ und 5. das Interdependenz-Narrativ von Natur und Kultur.
Narrative ermöglichen Orientierung in einer hochkomplexen oder sogar chaotischen Welt. Ihre literatur- und kulturwissenschaftliche Rekonstruktion hilft zu verstehen, warum verschiedene Menschen die Welt auf unterschiedliche Weise sehen und zu verschiedenartigen Schlussfolgerungen über wünschenswerte Zukünfte kommen.
Gabriele Dürbeck ist seit 2011 Professorin für Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität Vechta. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Literatur des 18.-21. Jahrhunderts, Anthropozäne Literatur, Ecocriticism und Environmental Humanities, Reiseliteratur und Postkolonialismus.
im Löwen
Eintritt frei