Zeit vergeht. Zeit ist im Fluss. Doch hat auch Zeit ihre Geschichte. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts setzte ein fundamentaler Wandel der Zeit- und Geschichtsvorstellungen (west)europäischer Gesellschaften ein. Mit dem Fortschritt schien es nun ebenso vorbei zu sein wie mit dem Vergehen der Vergangenheit. Mit dem Slogan „no future“ brachte der Punk der 1980er Jahre einen Zeitgeist zum Ausdruck, in dem sich die Gegenwart zunehmend verbreiterte. Ab nun bestimmte die „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“. Dieses Wortungetüm diente einst dazu, das Anderssein der nicht-europäischen Gesellschaften als zeitlichen Abstand zu denken. Heute versucht es unsere vielzeitige Gegenwart auf den Begriff zu bringen. Gemeinsam mit Geschichtswissenschaftler Fernando Esposito wandeln wir auf den Spuren der historischen Zeit.
Dr. Fernando Esposito ist Akademischer Rat a.Z. an der Universität Konstanz, wo er im August seine Habilitation „Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Ein Beitrag zur Geschichte und Theorie historischer Zeiten zwischen Spätaufklärung und Posthistoire“ eingereicht hat. Neben seiner Dissertation Mythische Moderne. Aviatik, Faschismus und die Sehnsucht nach Ordnung in Deutschland und Italien hat er u.a. den Band Zeitenwandel. Transformationen geschichtlicher Zeitlichkeit nach dem Boom herausgegeben. Im Zentrum seines Interesses stehen die Geschichte und Theorie historischer Zeiten, der Faschismus und der Mittelmeerraum im 19. und 20. Jahrhundert.