Kammerspiel auf kleinstem Raum

Am 22. März 2025 feiert ein Stück am ITZ Premiere, das aktueller nicht sein könnte: Unter dem Titel „Die Sparmaßnahme“ gehen Peer Mia Ripberger und das Kreativteam den Auswirkungen von Investitionstau und knappen Kassen nach. Raissa Kankelfitz baut und entwirft Bühne und Kostüme, Konstantin Dupelius und Justus Wilcken steuern die Musik zum Abend bei.

Dramaturgin und Co-Autorin Corinna Huber hat mit Kankelfitz, Ripberger und Dupelius über Sparpolitk, Fahrstuhlmusik und ein Spiel auf engstem Raum gesprochen.

FotoInterviewSparmassnahme

 

Einsparungen sind gerade in aller Munde. Tübingen musste ein großes Konsolidierungspaket schnüren, gerade die Kultur trifft es auch in vielen anderen Kommunen. Inwiefern ist das Stück eine künstlerische Auseinandersetzung mit der aktuellen finanzpolitischen Lage?

Peer Mia Ripbgerger (PMR): Die Idee zum Stück kam durch die intensive Auseinandersetzung mit der Sparpolitik  in der Kultur und hat gleichzeitig eine noch viel weitergefasste Perspektive. Denn die Folgen fehlender Investitionen, von Sanierungsstaus und Haushaltkonsolidierungen wirken sich auf viele Bereiche unseres Gemeinwesens aus. Und so treffen in dem steckengeblieben Fahrstuhl drei Figuren aufeinander, die alle auf unterschiedliche Weise von Einsparungen betroffen sind: Erwin ist Geschäftsführer eines Unternehmens und hat einen Ausgabenstopp von seinem Aufsichtsrat verhängt bekommen. Esther müsste dringend ihre Tochter von der Kita abholen, die mal wieder wegen Personalmangel ausfällt. Und Majas Job wurde wegen Einsparungen gekündigt. Jetzt sucht sie nach einem neuen. Alle drei befinden sich in ineinander verschränkten finanziellen Abhängigkeiten.

 

Das Stück spielt in einem Aufzug. Findet es auch nur dort statt, wird also die ganze Zeit auf engstem Raum gespielt?

PMR: Ja, in diesem Fall halten wir uns quasi ganz strikt an den Einheit des Ortes. Es ist ein Kammerspiel auf kleinstem Raum. Die Situation im Fahrstuhl kennen wir alle: Man steigt ein, drückt einen Knopf und dann drehen sich alle zur Tür und warten bis der Aufzug auf der gewünschten Etage stehen bleibt. Normalerweise findet kaum Interaktion statt. Diesem eingeübten Verhalten sind wir in den Proben nachgegangen. Wie lange hält man in der Ausnahmesituation eines stehenbleibenden Fahrstuhls die Stille aufrecht? Wie verlaufen erste Gespräche? Wann und wie kommen sich die Figuren im Verlauf der Zeit näher? Auf so engem Raum ist es spielerisch eine Herausforderung den eigenen Raum zu behaupten. Das führt natürlich auch zu humorvollen Situationen, etwa wenn Erwin sich auf die Suche nach Handyempfang begibt.

 

Die Handlung gibt den Ort also eindeutig vor. Wie baut man einen Fahrstuhl auf die Bühne?

Raissa Kankelfitz (RK): Ich habe ein abgespieltes Bühnenbild recycelt. Dafür habe ich Bauelemente aus dem Serienprojekt „Im Taumel des Zorns“ von letzter Spielzeit wiederverwendet - ganz nach dem Prinzip: Was nicht passt, wird passend gemacht. Damit das geht, braucht es viele helfende Hände. Im Zimmertheater gibt es weder Tischler, Schlosser noch eine Hand voll Bühnentechniker. In meinem Job als Bühnenbildnerin benötige ich jedoch das Team, nicht nur die kräftemäßige Unterstützung beim Tragen, Bauen und Installieren eines Bühnenbildes, sondern auch das gemeinsame Denken und Tüfteln. Dass ich am Zimmertheater diese Unterstützung bekomme, ist bei so einem kleinen Team nicht selbstverständlich. 

 

Wir groß ist die tatsächliche Spielfläche und wie sehen wir als Zuschauer*innen in diesen geschlossenen Raum hinein?

RK: Die tatsächliche Spielfläche beträgt 1,30 m x 1,60 m, also etwas mehr als 2 m². Alle drei Spieler*innen verlassen diese Fläche während des gesamten Stückes nicht. Steckengeblieben heißt eben steckengeblieben. Wir Zuschauenden sehen hierbei von außen in die verglaste Box. So können wir als Publikum die Enge im Fahrstuhl spürbar miterleben.

 

Bei einem Fahrstuhl als Ort der Handlung denkt man an leichte Hintergrundmusik, kompositorisch vermeintlich keine Herausforderung. Was erwartet uns musikalisch und welche Rolle spielt dabei der Fahrstuhl?

Konstantin Dupelius (KD): Wir haben tatsächlich damit angefangen, Fahrstuhlmusik zu komponieren. Justus fand ein altes Keyboard mit recht billig anmutenden Beat-Loops, einem Bossa zum Beispiel, und daraus entstanden dann die ersten Skizzen. Von da an haben wir uns tiefer in die Emotionalität gebohrt, die das Thema mit sich bringt. Auch uns besorgen die Sparzwänge und -maßnahmen, allgemein in Deutschland und im Speziellen am Zimmertheater. 

 

Woran man nie sparen sollte, sind gute Zitate. Was ist dein Lieblingssatz aus dem Stück?

PMR: "ich sehne mich nach tschechow“

KD: „warum können wir nicht was anständiges spielen“ 

RK: "ich kündige / suchen sie sich einen anderen"

 

Premiere Samstag, 22. März 2025

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