Freund Hein. Ein Audio-Walk mit dem Tod
Freund Hein. Ein Audio-Walk mit dem Tod
An dieser Stelle würden Sie eigentlich einen Ankündigungstext für einen Theaterabend über den Tod lesen. Wir wollten mit Ihnen und Freund Hein durch’s frühlingshafte Tübingen spazieren, eine Kahnfahrt machen, einen Friedhof besuchen. Tja…
Es wäre schon so herausfordernd genug gewesen, dem Tod eine Bühne zu geben. Doch dann – Sie wissen schon – rückte uns der Tod nicht nur künstlerisch, sondern mit brachialer Wirklichkeit näher. Die Proben wurden abgesagt. Der Theaterbetrieb wurde eingestellt. Aber wir sind immer noch da. Hier mit Ihnen. Auch wenn Sie uns nicht mehr sehen können. Und wir arbeiten immer noch an diesem Stück über den Tod. Ausgerechnet jetzt. Oder jetzt gerade erst recht?
In dieser Zeit, in der so vieles nicht mehr möglich ist, kann man immer noch spazieren gehen. Wir können immer noch für Sie die Bühne betreten. Eine imaginäre Bühne! Wir werden Ihnen so nah kommen, wie lange nicht mehr. Wir kriechen Ihnen ins Ohr und bringen die Stimmen in Ihrem Kopf zum Tanzen. Gehen Sie mit uns spazieren. Denken wir über das Sterben nach. Und wer weiß? Wenn all das hier vorbei ist, kommt dieser Theaterabend, der einfach nicht sterben will, doch noch auf die Bühne.
Mit unserem Audio-Walk gehen Sie am Theater los und steigen am Friedhof schließlich ins Grab. Das Stück handelt vom Leben und Sterben, von der eigenen Endlichkeit und von der Liebe zum Dasein, solange man da ist. DAS Stück für alle, die endgültig genug haben.
Ab Samstag, 25.4. mit Deinem Smartphone
Termine: täglich jederzeit bis 20.00 Uhr
Ort: Start am Zimmertheater
Dauer: je nach eigenem Tempo ca 1 Stunde 45 Minuten
Zur Vorbereitung auf den Audio Walk findet sich hier eine detaillierte technische Anleitung.
Hinweis zur Barrierefreiheit
Der Audio-Walk ist nicht barrierefrei, die Route beinhaltet Treppen.
Die einzelnen Stationen sind auf einer Karte in der App markiert.
Sie können diese auf alternativen Routen erreichen und die dazugehörigen Texte manuell abspielen.
Wie gehts?
Mit dem eigenen Smartphone und Kopfhörern zum Theater kommen.
Anleitung im Schaufenster befolgen.
Losspazieren.
Zur Vorbereitung auf den Audio Walk findet sich hier eine detaillierte technische Anleitung.
Wir sind für Euch da: technische Betreuung oder Ausleihe eines Smartphones
*** Stand 28.5.2020 ***
Technische Betreuung verlängert und Ausnahmegenehmigung für Einbahnstraße
Die technische Betreuung und Möglichkeit der Handyausleihe für den Audio-Walk „Freund Hein“ wird extrem gut angekommen. Daher wird das Angebot mit veränderten Zeiten im Juni und Juli fortgesetzt, Immer Donnerstag-Sonntag zwischen 15 und 20 Uhr sowie am Pfingstmontag steht das ITZ-Team parat, um bei der Einrichtung der Handys bei Bedarf zu unterstützen. Ab dem 3.6. ist auch die Nutzung der Toiletten und das Verweilen und Erfrischen auf der Terrasse vor oder nach dem Audio-Walk wieder möglich. Wichtige Info: die neugestaltete Einbahnstraße für Fußgänger entlang der Neckarmauer ist für Teilnehmer*innen des Audio-Walks ausnahmsweise begehbar. Das Theater bittet darum, in diesem Abschnitt aufgrund der Enge die Maske wieder aufzusetzen.
Ab dem morgigen Samstag bietet das ITZ eine technische Betreuung für den Audio-Walk „Freund Hein“ an. Von Mittwoch bis Sonntag hilft das Team zwischen 12 und 19 Uhr bei der Einrichtung des Smartphones weiter - das Angebot gibt es vorerst im Monat Mai und wird ggf. verlängert. Wer gar kein Smartphone hat, den Audio-Walk aber gerne erleben möchte, kann unter info@zimmertheater-tuebingen.de oder 07071 9273-33 für einen Wunschtermin ein Gerät zur Ausleihe reservieren (Kosten: 5 Euro). Als Pfand wird ein Lichtbildausweis hinterlegt. Die Leihgeräte werden hygienisch verpackt übergeben und hinterher desinfiziert. Die technische Unterstützung findet vor dem Theater statt - der Zutritt für die Öffentlichkeit ist aufgrund der geltenden Corona-Verordnung nach wie vor nicht möglich.
Eintritt im "pay what you want"-Verfahren
-am Ende des Audio-Walks per paypal: www.paypal.me/itztuebingen
-mit Bargeld direkt in den Briefkasten (Umschläge stehen vor dem Theater zur Verfügung)
Textfassung
Die Textfassung kann mit den zur Verfügung gestellten Briefumschlägen für 5 Euro direkt bestellt werden und kommt dann per Post zu Euch.
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Vor Corona
Freund Hein. Ein theatraler Trauerzug
Wir haben uns entfremdet von unserem alten Freund Hein. Er riecht ja auch etwas streng und neigt zu einem recht makabren Humor. Vor allem will er sich partout nicht in unser sorgsam gepflegtes Leben integrieren. Kaum einer lädt Freund Hein noch gern zu sich nach Hause ein. Auf Partys will keiner mit ihm tanzen. Also trifft man ihn immer seltener und niemand erwähnt ihn gerne. So versteckt er sich diskret in Krankenhäusern und Hospizen und fährt in unauffälligen Lieferwagen. Doch wir werden ihn nicht los. Freund Hein wird stets den letzten Beitrag in unserer timeline schreiben. Gerade in Zeiten, in denen wir meinen, alles mehr und mehr steuern zu können, ist der Tod eine Zumutung geworden, die wir möglichst weit von uns fernhalten wollen. Wir glauben, mehr mit der glatten Oberfläche eines Smartphones zu tun zu haben als mit dem toten Vogel am Straßenrand. Wer schreibt schon sein Testament in jungen Jahren oder macht sich Gedanken über seinen facebook-Nachlass. Wer weiß schon, was eigentlich passiert in den letzten Tagen und Stunden unseres Daseins und dass uns ausgerechnet die eigene Netzhaut lange überlebt. Vielleicht geht es deswegen mit blindem Vertrauen ins Jenseits. Für alle anderen endet es bereits im Krematorium. Aber ist das ein Grund, auf Friedhöfen nur noch traurig und leise zu sein? Es gab Zeiten, wo es äußerst beliebt war, mit Freund Hein zwischen Gräbern zu feiern und zu tanzen. Doch der Tod ist schüchtern und still geworden und weicht aus dem öffentlichen Leben – mehr als Zeit, mit einem theatralen Trauerzug auf seinen Spuren zu wandeln.
Uraufführung Premiere Samstag, 25. April, 20.00 Uhr Weitere Termine 2./3./7.*/8.*+/9./14.*/15.*/16./21.*/22.* Mai, jeweils 20.00 Uhr
*Einführung im Foyer ab 19.30 Uhr + Nachgespräch im Anschluss
In Kooperation mit den Kommunalen Servicebetrieben, Bereich Friedhofswesen, Stadt Tübingen
Ort: Beginn und Ende im Zimmertheater, verschiedene Stationen, die durch eine Stocherkahnfahrt und Fußwege miteinander verbunden sind.
2 Euromünzen für den Fährmann sind erforderlich. Um angemessene Trauerkleidung wird gebeten.
Text und Realisation: Hannah Zufall
Ausstattung: Sarah Sauerborn
Regieassistenz: Ursel Weikert
Dramaturgie: Ilja Mirsky
Von und mit: Anaela Dörre, Mario Högemann, Thea Rinderli, Christopher G. Wittkopp
Bertram Schwarz, SWR
"Dramaturg Ilja Mirsky hat eine kinderleicht zu handhabende App eingerichtet, die den poetischen Tiefgang von Hannah Zufalls philosophisch dichtem Text wunderschön zum Klingen bringt. „Freund Hein“ ist ein allegorischer Name für den Tod. Obwohl das Projekt lange vorher geplant war, gewinnt die Thematik durch Corona Brisanz. (...) Doch der Spaziergang, der auf dem Stadtfriedhof endet, hat selbst dann noch vergnügliche Momente, wenn die Flaneure mit ihren Kopfhörern längst zwischen Grabsteinen berühmter Literaten und Engelsfiguren wandeln."
Elisabeth Maier, Eßlinger Zeitung
"Geboren in der Krise, doch keine Not- oder gar Missgeburt – sondern faszinierend lebendig von Anfang an. Obwohl es um den Tod geht. So könnte man beschreiben, was sich das Tübinger Zimmertheater einfallen ließ, um sein neues Stück zu spielen - obwohl es geschlossen ist. (...) Der Link zur App hängt im Schaufenster des Tübinger Zimmertheaters plus genauer technischer Anweisung. Ist nicht schwer und funktioniert prima!"
SWR
"Das Thema Tod im Kopfhörer scheint sofort im Leben angekommen. (...) Der Audio Walk (...) rührt an. Manchmal gruselt man sich auch ein wenig oder ist amüsiert über bissig gelungene Sätze. Und: unfreiwillige Komik, wenn man mit dem Lied "Time so say goodbye" - "Zeit, Tschüss zu sagen" versucht, über eine vielbefahrene Straße zu kommen, ohne überfahren zu werden."
SWR 4
"Die Idee klingt wahnsinnig spannend, aber auch so, als könne sie kompliziert sein und viel Raum für technische oder menschliche Fehler lassen. Die Umsetzung bestätigt diese Befürchtung nicht: Der Ablauf funktioniert reibungs- und kontaktlos. […] Die Stimmen der Ensemble-Mitglieder verbinden Tod mit Sex, Familie, Einsamkeit und zeitgemäß auch direkt mit Corona. […] So fühlt es sich an, als bekäme man von verschiedenen Freunden ihre Gedanken zum Thema Tod erzählt."
Marco Keitel, Schwäbisches Tagblatt
"Es soll um das Grundsätzliche gehen, nicht speziell den Tod in Corona-Zeiten. […] Beim Audio-Walk durch Tübingen ist er unter anderem als »fröhlicher Tod«, als »Tödin« oder als »zeitlicher Tod« dabei, kommt mal milde und zur Reflexion anregend, mal keck, mal poetisch, mal klinisch und nüchtern daher. […] Bevor am Ende dieses gleichermaßen sinnlichen wie aufwühlenden Audio-Walks Jim Morrisons Stimme mitden Songzeilen »This is the end, beautiful friend« erklingt, kriecht einem Freund Hein ins Ohr und erinnert daran, dass wir uns »stetig auf den Tod zu bewegen«. Warum nicht ihm hin und wieder zuzwinkern? Und die »Genugtuung und Freunde dabei spüren, dass es noch nicht so weit ist«."
Christoph Ströhle, Reutlinger Generalanzeiger
"Die Texte werden dabei von den Schauspielern des Zimmertheaters mit dem genau richtigen Maß an Theatralik vermittelt, was den Audio-Walk bei gutem Wetter zu einem tollen Erlebnis macht, welches noch dazu viel zum Nachdenken anregt."
Wüste Welle Tübingen
Zuschauer*innenfeedback:
"Ich habe selten etwas so Stimmiges und Berührendes erlebt. Herzlichen Dank dafür!"
"Liebes Zimmertheater, war am Sonntag mit Hund im Theater! Eine Premiere, eine einmalige Gelegenheit! Vielen Dank für diese wunderbaren, nachdenklichen, bereichernden Stunden! Technisch perfekt, tolle Stimmen, sehr schöne Musik..."
"Der Audio Walk ist ein wunderbares Beispiel dafür, was auch in diesen Zeiten mit einem Schuss Kreativität alles möglich ist. Glückwunsch!"
"Der Walk ist wirklich sehr lohnenswert, berührend und informativ, ausgezeichnet gemacht, die Vorstellung im Theater wäre sicherlich auch großartig gewesen."
"Liebes ITZ, ich bin sehr sehr begeistert von Eurem Audiowalk. Interessant, bewegend, vielfältig und anregend, tiefgehend und doch nicht schwermütig. Ich war danach beseelt und harmonisch gestimmt und froh, den Walk gemacht zu haben. Vielen Dank."
"Es war ein Genuss in dieser coronabedingten kulturlosen Zeit, diesen Spaziergang zu machen!"
Leserbrief im Tagblatt, 14.5.2020
"Das ITZ, dem ich seither eigentlich eher skeptisch gegenüberstand, hat als kleines Tübinger Theater zu Coronazeiten ein großartiges kleines Theaterevent auf die Beine gestellt: "Freund Hein - ein Audiowalk mit dem Tod". Es ist alleine zu erleben mit Smartphone und Ohrstöpseln (die Technik ist einfach zu bedienen). Der mit schönen Stimmen und Musik begleitete Spaziergang hat mich stärker berührt, als so manches "normale" Theaterstück auf großer Bühne. Hier wird das Thema Tod sehr sensibel und unter vielen Aspekten beleuchtet, die mich bereichert und zum Nachdenken angeregt haben. Ich möchte allen, denen jetzt Theatererlebnisse fehlen, empfehlen, diese tolle und interessante Theatererfahrung der anderen Art zu machen. Für die angekündigte lange Dauer der Corona-Ausnahmezeit wäre es wünschenswert, dass sich viele Theaterbühnen davon inspirieren lassen und mit Erfindungsgeist und Kreativität neue Formen der Darstellung entwickeln."