Ein rätselhafter Besuch
Theater für die kalten Tage: Am 7. Dezember 2024 feiert das neue Stück „Kalter Hund oder: Dackel, die ins Gras beißen“ von Peer Mia Ripberger im Gewölbe des Zimmertheaters Premiere. Wie auch bei der gefeierten Produktion „Die Kinder der Zeit“ ist Nicola Gördes für die Ausstattung und Konstantin Dupelius für die Musik verantwortlich. Dramaturgin Corinna Huber hat mit dem Kreativteam über plötzlichen Besuch, eine Wohnung als Mausoleum und den schwäbischen Grasdackel gesprochen.
Der Titel deines neuen Stücks gibt Rätsel auf. Was ist die Ausgangssitutation?
PMR: Wir werfen einen Blick in die Wohnung von Karl und Henrik. Wie lange die beiden schon dort zusammen wohnen, weiß man nicht. Doch die vertraute Stille und der liebevolle Umgang miteinander lassen erahnen, dass sie schon eine Weile zu zweit sind. Beide sind sich einig, dass es schön wäre, wenn Leben in die Bude käme. Doch die Wünsche sind verschieden: Henrik hätte gern ein Kind, Karl lieber einen Mitbewohner. Bevor der Konflikt hochkocht, finden sie einen Kompromiss. Das freie Zimmer wird zum Gästezimmer. Jetzt kann Besuch kommen und das tut er auch. Plötzlich steht Rasmus, ein alter Freund von Karl, vor der Tür.
Aus zwei werden drei - das klingt nach einer konfliktreichen Dreieckskonstellation. Was löst Rasmus mit seinem Besuch aus?
PMR: Man mag direkt den Konflikt vermuten, aber das täuscht. Das Auftauchen von Rasmus führt vielmehr zu Irritationen, etwa wenn er die Rituale nicht kennt, in denen sich Karl und Henrik eingerichtet haben. Darüber hinaus ist der unerwartete Besuch besonders für Karl ein Grund, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Rasmus wiederum stolpert über alle möglichen Gewohnheiten seiner Gastgeber und merkt schnell: Irgendwas kann hier nicht stimmen.
Doch bei all der Verunsicherung, die die Figuren erleben, pflegen die drei einen sehr liebevollen, fast zärtlichen Umgang miteinander. Das ist auch unser Hauptfokus in den Proben. Wir wollen herausfinden, wie diese Zärtlichkeit sich sowohl in den Dialogen wie auch in den stillen Passagen gestalten lässt.
Neben dem Sound des Textes, ist die Musik für KALTER HUND bedeutsam. Welches Arrangement erwartet uns da?
KD: Es wird ein wilder Mix aus süßlichen Klaviermelodien, leichten Beats, ein bisschen Drum and Bass und düsteren TripHop Passagen – alles eingebettet in eine durchgängige Melodie und Dramaturgie. Die Übergänge von einem Stil in den nächsten gestalte ich sanft. Ich habe mich ein klein bisschen an der dichten Atmosphäre von „Die Kinder der Zeit“ orientiert. Das ist sicher auch zu spüren.
Wie entwickelst du deine Kompositionen aus Text und Spiel heraus?
KD: Ausschlaggebend diesmal waren die Figuren, die irgendwie nicht wahrhaben wollen, was Realität ist und sich in ein heile und zugleich skurrile Welt flüchten. Sie bestimmen das Hauptthema und die Klaviermusik. Die darunter liegenden philosophischen Fragen finden dann in den düsteren und pulsierenden Teilen der Musik ihre Ausdeutung. Zentral bleibt dabei das Klavierthema, das sich durch die Situationen hinweg verwandelt und am Ende ganz auflöst.
Dieses Stück ist auf die Einheit eines Ortes ausgelegt, nämlich die Wohnung von Karl und Henrik. Wie gestaltest du den Wohnraum der beiden?
NG: Die Figuren haben mich in ihrem Umgang miteinander an Steinskulpturen erinnert, die bewegungsunfähig über Gräber wachen. Ich habe mich dann entschieden, die Bühne wie ein Mausoleum in der Mitte eines Friedhofs anzulegen, mit schweren steinernen Vorhängen. Die Wohnung ist quasi ein Tor zur Ewigkeit. Die Figuren und ihre Beziehungen zueinander strahlen dadurch eine düstere, aber irgendwie beeindruckende Ruhe aus.
Als „Kalten Hund“ bezeichnet man eigentlich einen Kuchen aus Butterkeks und Schokolade. Im Untertitel ist von ins Gras beißenden Dackeln die Rede. Worauf verweist das Stück neben der Erzählung eines rätselhaften Besuchs noch?
PMR: Die Verweise im Titel sind erstmal sehr konkret. Der „Kalte Hund“ als Kuchen wird uns im Stück begegnen und im Untertitel versteckt sich bei etwas Umstellung der Grasdackel. Die Figuren nutzen diesen vieldeutigen, schwäbischen Ausdruck von der Begrüßung bis zur liebevoll gemeinten Beleidigung. Gleichzeitig stellt die Erzählung eine philosophische Frage, von der ich glaube, dass sie uns alle beschäftigt, wenn vielleicht auch nicht bewusst. Es ist eine Frage der Lebenskunst, also nach der Gestaltung unseres Lebens: Wann würden wir sagen, dass unser Leben ein "Gutes" ist? Ich denke, dass uns diese Frage vor allem in Bezug auf unsere eigene Endlichkeit beschäftigt. Und hier kommt das sprichwörtliche "ins Gras beißen" ins Spiel.
Premiere Samstag, 07. Dezember 2024
Weitere Termine 14./19.*/20./27. Dezember und 02./11./17./18.*/23./25./31. Januar
Beginn 20 Uhr; Einführung 19.30 Uhr; Silvestervorstellung am 31.12. um 21 Uhr
*Nachgespräch im Anschluss an die Vorstellung