Alles war perfekt geplant

Das Jahr beginnt mit einer ordentlichen Portion Spannung: Am 06. Januar 2024 feiert die dritte Episode der Fortsetzungsgeschichte „Im Taumel des Zorns“ am ITZ Premiere. 

episode 3 team

Autorin Leonie Lorena Wyss, kürzlich ausgezeichnet mit dem Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarkts und dem Retzhofer Dramapreis, hat diese Episode unter dem Titel „was wenn doch“ für das ITZ verfasst. Hausregisseurin Magdalena Schönfeld bringt den Text auf die Bühne. Dramaturgin Corinna Huber spricht mit Leonie Lorena Wyss und Magdalena Schönfeld über eine Recherche im Bestattungsinstitut, die erschreckende Aktualität von Geiselnahmen und darüber, wie man abwesende Figuren weitererzählt.

Die Geiselnahme in der Krankenhausapotheke dauert an. In Episode 2 haben Verhandlungen mit der Polizei das Beziehungsgefüge durcheinandergebracht. Was passiert in Episode 3? 

 LW: Nach dem – wortwörtlichen - Knall am Ende der Episode 2 müssen die drei Geiselnehmer*innen Ove, Enno und Holle in der dritten Episode beweisen, dass die Geiseln noch leben. Mit dem steigenden Druck durch die Polizei nehmen auch die Spannungen untereinander zu. Geht ihr Plan wirklich auf? Spätestens als sie ein unvorhergesehener Anruf erreicht, beginnt sich die Situation zuzuspitzen und die drei zücken ihr letztes Druckmittel.

MS: Außerdem tauchen wir in Episode 3 tiefer in die Vergangenheit der drei Freunde ein. Wir bekommen eine Ahnung davon, wieso sie tatsächlich in die Apotheke eingebrochen sind und welcher Skandal sich dahinter verbirgt. Und wir lernen Holle als eine Figur kennen, die alles perfekt vorbereitet und plant. Aber das schützt nicht unbedingt vor Überraschungen. Als sich dann die Verhandlungen mit der Polizei verhärten, entscheiden sich Enno, Ove und Holle zu einem radikalen Schritt. 

Diesmal wird die Geschichte aus Sicht der krebskranken Holle erzählt, die bisher als toughe Geiselnehmerin aufgetreten ist. Leonie, wie hast du dich beim Schreiben in ihre Perspektive hineinbegeben?

 LW: Ich habe sehr viele Texte gelesen, die sich mit Krankheit und weiblich gelesenen Körpern in der Medizin auseinandersetzen. Prägend für mich war vor allem Anne Boyers „Die Unsterblichen", ein Essay, in dem es um das Erleben Anne Boyers Krebserkrankung vor dem Hintergrund kapitalisierter Gesundheitsversorgung geht. Darüber hinaus habe ich mich damit auseinandergesetzt, welche organisatorischen Schritte im Falle eines bevorstehenden Todes folgen. Dafür war ich in einem Bestattungsunternehmen, um einen Einblick zu erhalten in den ganzen – teilweise sehr absurden und monetarisierten - bürokratischen Prozess, der mit dem Sterben verbunden ist. Teile dieses Gesprächs sind in den Text eingeflossen.

In Episode 3 werden nur die drei Geiselnehmer*innen Ove, Enno und Holle auf der Bühne zu sehen sein. Was bedeutet diese Konzentration auf drei Figuren für das Stück und den Verlauf der Geschichte? 

LW: Der Fokus auf Ove, Enno und Holle ermöglicht eine sehr intensive Auseinandersetzung mit der jeweiligen Figur und einen genauen Blick auf die Verhältnisse untereinander. Die drei kennen sich schon sehr lange aus dem privaten Kontext. Enno und Holle haben ihre Kindheit zusammen verbracht. Das macht einen neuen Erfahrungshorizont auf. 

MS: Und darin liegt ein enormes Potenzial, weil wir die drei Figuren über ihre gemeinsame Vergangenheit besser kennenlernen. Womöglich fangen wir auch an zu verstehen, warum sie handeln, wie sie handeln. Auch dann, wenn man ihre kriminelle Energie nicht teilt. Über die beiden Geiseln Cecilia und Merit wird hingegen wenig gesprochen. Es gibt nur eine Ahnung von ihnen und wir werden neugierig auf sie gemacht. 

LW: Es war gar nicht so leicht Cecilia und Merit mit- und weiterzuerzählen, ohne dass sie räumlich anwesend sind. Gerade als ein Beweisvideo der beiden gedreht werden soll, stellt sich die Frage, wie sich das in der Abwesenheit der Schauspieler*innen erzählt. Letztendlich war das Nachdenken darüber eine produktive Auseinandersetzung.

MS: Und ich glaube wir haben eine ebensolche Umsetzung dafür auf der Bühne gefunden.

Das Thema Geiselnahme hat eine erschreckende Aktualität bekommen. Inwiefern hat das das Schreiben des Stückes beeinflusst?

LW: Im Laufe des Schreibens erschien es mir angesichts realer Geschehnisse immer absurder, eine fiktive Geschichte einer Geiselnahme zu erzählen. Vor allem die Frage nach dem Zeigen von festgenommenen Körpern hat mich sehr beschäftigt und nochmal eine ganz andere Dringlichkeit erhalten. Wie kann ich von einer solchen Tat auf der Bühne erzählen ohne gewaltvolle Bilder zu reproduzieren? Ich habe dann die Abwesenheit von Cecilia und Merit als Chance begriffen, um nach einer alternativen narrativen Einbettung zu suchen, die von der klassischen Crime-Story abweicht. Es war mir wichtig, auf beiden Ebenen, sowohl auf sprachlicher als auch auf Figurenebene, eine gewisse Vulnerabilität aller Beteiligten durchschimmern zu lassen.

Ohne zu Spoilern: Worauf dürfen wir uns in Episode 3 „was wenn doch“ freuen?

LW: Auf Swifties, Brausestäbchen und natürlich viel excitement – es bleibt spannend!

MS: Auf viele popkulturelle Elemente und einen Cliffhanger, den niemand erwartet.

 

Mehr Informationen und Tickets für "Im Taumel des Zorns - Episode 3" gibt es hier.

Text: Leonie Lorena Wyss
Regie: Magdalena Schönfeld
Es spielen:Eva Lucia Grieser, Cyril Hilfiker, Morris Weckherlin
Bühne:Valentin Baumeister
Kostüm:Nicola Gördes
Musik:Konstantin Dupelius, Justus Wilcken
Video-Intro: Katarina Eckold
Dramaturgie: Corinna Huber

Premiere Samstag, 06. Januar 2024
Ort: Löwen (Kornhausstr. 5)