Ein Goldfisch als Gesprächspartner
Am 5. April feiern wir mit der Uraufführung von „Solo mit Goldfisch“ die nächste Premiere am ITZ. Cyril Hilfiker spielt den jungen Mann Felix, der seinen Weg in die goldene Mitte sucht und dabei auf die Bühne drängt, um seine Geschichte zu erzählen.
Worum es in dieser Geschichte geht, was sich hinter Felix’ Alleinsein verbirgt und was ein Goldfisch darin verloren hat, darüber sprach Dramaturgin Sarah Charlotte Becker mit Magdalena Schönfeld (Regie) und Martin Kukulies (Ausstattung).
„Solo mit Goldfisch“: Der Titel ist Programm. Auf der Bühne wird Cyril Hilfiker den kompletten Theaterabend alleine bestreiten – nur mit Goldfisch Niklas an seiner Seite. Was ist das Besondere an so einem Soloabend und was hat das mit dem Thema des Stücks zu tun?
Magdalena Schönfeld (MS): Das Besondere ist, dass wir an diesem Theaterabend nur einem Schauspieler oder vielmehr einer Figur folgen – und es dabei auch inhaltlich um Einsamkeit geht. Wir beobachten einen jungen Mann auf der Bühne, der sich mit seinem eigenen Alleinsein beschäftigt und das auch über weite Strecken für sich alleine verhandelt, nur mit seinem Goldfisch als Gesprächspartner.
Martin Kukulies (MK): Das Spannende an einem Monolog ist für mich, dass hier das Denken einer Figur laut stattfindet, man also ein Publikum an den Gedanken der Figur beteiligen kann. Darin liegt ja auch eine der Grundformen des Theaters.
Felix hat sich einen Theaterraum gemietet, um seine Version der Geschichte zu erzählen. Erwartet die Zuschauer*innen also eine leere Bühne?
MK: Der gemietete Raum ist die Situation, in die der Autor seine Figur gesetzt hat – eine eher künstliche Situation. Die wollten wir aber mit ein paar persönlichen Attributen ausstatten, die jemanden wie Felix ausmachen könnten: Da gibt es gemütliche Dekoelemente, Notizzettel, um die eigenen Gedanken zu ordnen, einen Boxsack zum Trainieren oder Abreagieren – und natürlich ein liebevoll gestaltetes Aquarium, in dem Goldfisch Niklas sein Zuhause hat.
MS: Unser Bühnenbild ist also eher als die Wohnung oder das Zimmer von Felix angelegt – gleichzeitig bleibt aber natürlich immer präsent, dass wir uns in einem Theaterraum befinden. Diese Uneindeutigkeit und Ambivalenz des Raumes entspricht der Schwebe, dem Balanceakt, auf dem sich Felix immer öfter wiederfindet.
Felix spricht im Stück immer wieder von dem Wunsch, in die „goldene Mitte“ zurückzukehren. Was glaubt ihr, verbirgt sich hinter diesem Wunsch? Was verspricht die „goldene Mitte“?
MK: In der goldenen Mitte kann man im Frieden mit sich selbst sein. Ob Felix den Begriff aber auch so versteht, ist nicht sicher …
MS: Ich glaube, Felix verspricht sich von der „goldenen Mitte“ vor allem, nicht alleine am Rand zu stehen. Dass er immer das richtige Maß findet. Und dass er nicht einsam ist, sondern sich in eine Gruppe, eine Gemeinschaft einfügen kann und akzeptiert wird, wie er ist.
Beim Thema Einsamkeit denken viele vielleicht zuerst an ältere Menschen, die nach und nach ihre Bezugspersonen verlieren. Felix jedoch ist Mitte Zwanzig – aber deswegen nicht weniger von Einsamkeit betroffen. Welche Formen nimmt sie hier an?
MS: Bei Felix zeigen sich viele Ausprägungen von Einsamkeit, die eher jüngere Leute erleben: Er ist einsam, obwohl er unter Leuten ist. Ihm fällt es schwer, tiefe Freundschaften zu finden und vor allem zu halten, Vertrauen zu fassen und die Verantwortung zu tragen, die für enge Beziehungen notwendig ist. Noch dazu ist er in eine neue Stadt gezogen und hat Schwierigkeiten, sich dort zu etablieren – denn mit dem Umzug ist er in eine für ihn neue Welt gekommen und schafft es nur schwer, dort Fuß zu fassen. Geprägt von Ausgrenzungserfahrungen in der Schulzeit und ohne konkrete Idee davon, wie er eigentlich leben möchte, ist er sehr „lost“. Zu viele Möglichkeiten und das schnelle Leben in der Großstadt hindern ihn daran, Tiefe zuzulassen und sich auf Begegnungen voll einzulassen.
Was ist eure ganz persönliche Strategie gegen Einsamkeit? Habt ihr zum Beispiel Orte, an denen ihr euch weniger einsam fühlt? Oder kann Einsamkeit vielleicht auch etwas Positives haben?
MS: Ich gehe gerne zum Spazieren in den Wald. Oder ich spreche mit meiner Familie, besten Freundin oder Partnerin. Ich finde es aber auch wichtig, zwischen Einsamkeit und Alleinsein zu unterscheiden: Allein zu sein kann etwas Positives haben, Einsamkeit dagegen ist für mich kein schönes Gefühl.
MK: In unserer Zeit und in diesem Land haben wir so endlose Möglichkeiten: Wir sind umgeben von Bildern, Musik, Büchern, dem Internet, wir können fast überall hinreisen, unseren Beruf frei wählen, ständig vernetzt sein und so weiter und so fort. In diesem Kontext sind Situationen, in denen man ganz für sich ist – zum Beispiel kurz vor dem Einschlafen, beim Träumen, auf langen Autofahrten, aber auch beim Bau eines Bühnenbildmodells – für mich etwas ganz Besonderes. Dort bleibt mir dann nur mein eigener innerer Monolog, der nie abreißt.
Premiere Samstag, 5. April 2025
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