Alleinheit. Das Universum bleibt ´ne Nullnummer
Ankündigungsinterview
Die Produktion „Alleinheit. Das Universum bleibt ´ne Nullnummer“ ist ein Solo mit sechs Figuren. Wie das geht und was diese Figuren zu erzählen haben, berichten Regisseur Peer Mia Ripberger und Schauspieler Roman Pertl. Die Fragen stellte Dramaturgin Jana Gmelin.
„Alleinheit“ - in diesem Wort stecken so viele andere Wörter und Assoziationen, z.B. das „All“, „allein“ und auch „Einheit“. Warum habt Ihr diesen Titel gewählt und worum geht es in dem Stück?
Peer: Die Arbeit an diesem Stück begann vor gut einem Jahr, als Roman und ich gemeinsam überlegten, worum sich ein Stück nach dem damals anhaltenden zweiten Lockdown drehen könnte. Ein Thema lag natürlich besonders auf der Hand - das Alleinsein war zu einem präsenten (und notwendigen) Zustand geworden. Darin steckte für uns Einsamkeit, soziale Isolation, aber auch ein positives Für-sich-Sein. Und das ließ mich nicht mehr los, diese doppelte Bedeutung von: ich bin zwar einsam, aber in der Einsamkeit bin ich Eins mit mir und der Welt. Über diese Gedanken kamen wir letztlich auf den Begriff der Alleinheit - ein philosophischer und theologischer Fachausdruck, der die Einheit allen Seins beschreibt, also auch aller Wesen, Welten und Universen. Und dieser Begriff brachte einen großen Gedankenraum mit sich, im dem wir unzählige, sehr grundlegende Fragen stellen konnten: Wer bin ich? Wo bin ich? Warum bin ich hier? Was soll ich hier?
Roman: Das Stück erzählt die Geschichte der Hauptfigur Falk, dessen Beziehungen zur Welt entfremdet sind. Auch die Beziehung zu sich selbst, zu seinen Erinnerungen, seinen Gefühlen und seinen Wünschen scheint gestört. Er ist auf sich selbst und auf existenzielle Fragen in diesem resonanzlosen Umfeld zurückgeworfen. Falk findet sich in einer ihm fremden Welt wieder und kann sich nicht daran erinnern, wie er in diese Situation geraten ist. Er hat das Gefühl, in einem leeren Raum zu fallen und sich gleichzeitig nicht voran zu bewegen. Er sucht ganz konkret nach Halt und trifft dabei auf Figuren, die ihm allerlei Weisheiten und Wahrheiten verkaufen wollen und gleichzeitig Ansprüche an ihn erheben.
Die Inszenierung findet im Gewölbe des Zimmertheaters statt. Was können wir auf der Bühne ästhetisch erwarten?
Peer: Wir haben uns vorgenommen, eine ganz eigene Welt zu entwerfen und im Gewölbe zu erzählen, in der die komplexen philosophischen Fragen, mit denen wir uns beschäftigt haben, spielerisch verhandelt werden können. Dazu haben wir versucht, sowohl eine eigene sprachliche Form als auch eine starke bildliche und musikalische Umsetzung zu finden. Für Bühne und Kostüm ist Raissa Kankelfitz und für die Musik Stefan Pfeffer zu unseren Proben dazugestoßen. Mit beiden haben wir schon wiederholt zusammen gearbeitet. Ergänzt wurde das Team außerdem durch Marvin Wilson, der mit mir zusammen an den recht aufwändigen Videos arbeitete, und durch Anina Berchtenbreiter für ein wirklich fantastisches Maskenbild.
Was würdet Ihr sagen, ist das Besondere an dem Stück, an der Inszenierung?
Roman: Das besondere ist sicherlich, dass es sich um einen Monolog für sechs Figuren handelt. Ich stehe zwar als einziger auf der Bühne, werfe mir aber mit fünf weiteren Figuren die dialogischen Bälle hin und her.
Wie kann man sich das vorstellen, ein Schauspieler, der mit sich selbst spielt?
Peer: Wir haben schon sehr früh im Arbeitsprozess festgelegt, dass nur eine der Figuren live auf der Bühne agieren wird und die anderen Figuren ausschließlich im Video vorkommen - allerdings auf mehrere Projektionsflächen verteilt, sodass sie auch untereinander ins Gespräch kommen können.
Roman: Jede Figur hat ihre ganz eigene Art - in ihrem Aussehen, ihrer Sprache, ihrer Gestik, Mimik und in ihrem Temperament. Dass man als Spieler von Anfang bis Ende Verantwortung für mehrere Figuren parallel übernimmt kommt sehr selten vor und war hier eine echte Herausforderung. Und dass ich mir selbst als Kollege auf der Bühne in vielfacher Ausführung gegenüberstehe ist schon echt … speziell.
Gab es weitere Herausforderungen bei dieser ungewöhnlichen Arbeit?
Roman: Eine weitere Herausforderung war die Planung des Probenprozesses, der sich eher wie Filmemachen angefühlt hat. Da wir zuerst die Videoaufzeichnungen der Figuren machen mussten, damit ich darauf als Live-Figur in der Probe reagieren kann, musste alles im Kopf bzw. am Schreibtisch durchdacht und festgelegt werden: Positionen, Blickrichtungen, Reaktionen und Timings. Mit diesen fixierten, digitalen Figuren auf der Bühne zu spielen und trotzdem die Illusion einer echten Begegnung zu schaffen, kann sich gnadenlos anfühlen: Der Kollege auf der Leinwand macht und verzeiht keine Fehler. Es bringt aber ein unglaubliches Glücksgefühl mit sich, wenn schließlich alles in einen Flow kommt.
Peer: Auch für mich war es eine sehr untypische Inszenierungsarbeit - den Figuren im Video kann man schließlich nicht mehr den Hinweis geben, dass sie beispielsweise doch bitte ein bisschen weiter nach oben schauen sollen, um ihren Spielpartner auch wirklich anzuschauen! Zum einen muss man das natürlich nie, wenn sich zwei Menschen real begegnen, zum anderen kann man aber in anderen Probeprozessen bis zum Schluss noch Dinge ändern, da waren wir in dieser Arbeit viel eingeschränkter. Da mussten wir uns hinterher auf der Bühne anpassen. Zu sehen, dass das aber tatsächlich funktioniert und sich die Mühe gelohnt hat, ist großartig.
Premiere Samstag, 20. November
Weitere Termine 25./26./27. November und 2./3.*/4./9./10. Dezember und 7./8./13./14. Januar und 24./25./26. Februar und 3./4. März
Immer um 20 Uhr Einführung 19.30 Uhr
Silvestervorstellungen 31. Dezember um 18 Uhr und 21 Uhr
Eintritt 18,00€/9,50€
Ort Zimmertheater, Bursagasse 16